Wie kann man das sogenannte „Plattform Denken” weiterentwickeln, um einen neuen Standard für die Produkt- oder Serviceentwicklung im Aftersales-Bereich der Automobilindustrie zu erreichen? Bereits seit einiger Zeit beschäftigt mich diese Frage, da ich als Berater in verschiedenen Aftersales-Projekten in der Automobilindustrie tätig gewesen bin. Bei den Themen, mit denen ich konfrontiert war, stand in der Regel das Produktdenken stark im Fokus. Da ich mir sicher bin, dass ich nicht der Einzige bin, der sich mit dieser Thematik beschäftigt, möchte ich meine Gedanken mit einem breiteren Publikum teilen. Im September 2018 werde ich bei der 5th International Conference and Exhibition on Automobile Engineering in Rom eine Keynote zu diesem Thema halten. Der folgende Blogartikel basiert auf dem Abstract meines Vortrages – eine kurze Zusammenfassung, mit der ich einen ersten Einblick in einige meiner Gedanken zum Thema Plattform Denken im Kontext „Aftersales-Business in der Automobilindustrie“ ermöglichen möchte.
Die Digitalisierung der Automobilindustrie und insbesondere des Aftersales-Sektors hat dazu geführt, dass die Freigabe von Produkten und Dienstleistungen sehr kurz und schnelllebig ist. Das bedeutet, dass das heute aktuellste Produkt bzw. die neueste Dienstleistung morgen bereits veraltet sein kann. Demzufolge kann eine konstante Einnahmequelle aus dem Aftersales-Geschäft nicht mehr garantiert werden.
Um in der Lage zu sein, konstante und verlässliche Erträge aus dem Aftersales-Bereichs zu generieren, ist ein Umdenken unerlässlich: weg vom Produktdenken, hin zum Plattform Denken.
Plattform Denken kann folgendermaßen definiert werden: Die Kunst sogenannte „Inklusiv-Orte“ (physisch oder virtuell) zu konzeptualisieren und umzusetzen, an denen verschiedene Akteure zusammenwirken, kommunizieren, gemeinsam Dinge gestalten und ihre Ideen teilen. Eine erfolgreiche Plattform kann die Nutzer binden, sie erleichtert die Interaktion und den Austausch von Informationen und fördert die gemeinsame Wertschöpfung. [1,2].
Im Weiteren passen wir diese generelle Definition des Plattform Denkens an, um eine sogenannte „Plattform-Denk-Methode“ zu erhalten. Reale Anwendungsfälle aus dem Aftersales der Automobilindustrie sollen diese Methode veranschaulichen.
Die empfohlene Methode basiert auf der Einbeziehung der Plattformnutzer und deren Interaktion, auf den ausgetauschten Daten und dem Preismodell – allesamt Schlüsselfaktoren, um eine neue Plattform zu konzipieren und aufzubauen.
Die Entscheidung, welche Plattformnutzer bzw. Zielgruppen zusammengebracht werden müssen, ist zentral. Innerhalb des Aftersales der Automobilindustrie sind z. B. Autofahrer, Autohändler, Flottenmanager und weitere Akteure wie z. B. Autoversicherungen und Abschleppdienste potentielle Zielgruppen.
Die Herausforderung liegt darin, eine mögliche Interaktion zwischen diesen Gruppen zu visualisieren, um einen Mehrwert für jede Gruppe zu generieren. Fahrzeugspezifische Informationen wie z. B. Kilometerstand, Diagnosedaten, Servicezeiten, Batterieladestaus und prognostische Angaben, aber auch private Informationen wie z. B. Name, Kontaktdaten, Adresse oder Alter des Plattformnutzers sind typische Angaben.
Im nächsten Schritt müssen wir festhalten, welche Informationen für einen Plattformnutzer attraktiv sind, um die Bedürfnisse eines jeden Nutzers genauestens adressieren zu können. Die identifizierten Informationen müssen über eine OTA Schnittstelle (Over-the-Air) ins Backend geschickt werden. Daten, wie der Kilometerstand, sind etwa besonders interessant für Versicherungsunternehmen, die damit wiederum für sich einen Mehrwert generieren können.
Zu guter Letzt muss das Preismodell für die Nutzung der Plattform wohl durchdacht sein, um die Profitabilität für den Plattformbesitzer sicherzustellen. Es wäre z. B. auch eine Möglichkeit, Gebühren für jedes Login auf der Plattform oder jedes einzelne von Nutzern versendete Datenpaket zu berechnen (abhängig vom Verhalten der Nutzer).
Ich hoffe, dieser erste Einblick konnte Ihnen bereits ein wenig die Möglichkeiten aufzeigen, die eine solche Plattform für die Entwicklung eines neuen Standards im Aftersales der Automobilindustrie bieten kann. Des Weiteren wollte ich hiermit einige notwendige Schritte aufzeigen, um Plattform Denken für diesen Zweck anzupassen und auf einige Schwierigkeiten und Hindernisse hinweisen, die es ebenfalls zu berücksichtigen gilt.
In jedem Fall würde ich mich sehr freuen, wenn ich Ihr Interesse für dieses Thema und eventuell auch für meinen Vortrag bei der 5th International Conference and Exhibition on Automobile Engineering in Rom im September dieses Jahres geweckt habe. Dort werde ich hinsichtlich des Plattform Denkens im Aftersales-Kontext sehr viel weiter ins Detail gehen.