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Die virtuelle Retrospektive: Das Team in den Austausch bringen

Agile Frameworks leben von der direkten Interaktion der Teams miteinander. So kreist etwa Scrum um Meetings, sogenannte Events, die alle einen klar umrissenen Zweck erfüllen. Sie sollen das Team zu bestimmten Fragestellungen in den Austausch miteinander bringen. Das Hauptziel des Austausches ist es, einen Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung voranzutreiben. Eine Weiterentwicklung sowohl des Produktes als auch des Teams.

Ein wesentliches Element in dem dazu notwendigen Wechselspiel aus Überprüfung und Anpassung ist die Retrospektive. Sie ermöglicht dem Team sich selbst stetig zu verbessern und die empirische Prozesskontrolle agiler Frameworks, auch im Hinblick auf die eigene Zusammenarbeit, anzuwenden.

Auch virtuelle Retrospektiven benötigen Interaktion

Damit sind Retrospektiven in besonderem Maße von der Interaktion der Teammitglieder geprägt. Schließlich dienen sie dazu, die letzten Wochen zu reflektieren, sich Feedback zu geben, Verbesserungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit zu identifizieren und gemeinsam zu entscheiden, welche davon angewendet werden. All der Technik und der modernen Tools zum Trotz funktioniert das immer noch am besten, wenn sich das Team dazu in einem Raum versammelt.

Gerade in der jetzigen Situation, in der uns das Coronavirus an das Homeoffice fesselt, ist dieser direkte Kontakt leider nicht mehr möglich. Für viele Teams ist diese Situation jedoch ohnehin Realität, da ihre Mitglieder über verschiedene Standorte verteilt arbeiten und der Austausch Face-to-Face für sie eher die Ausnahme darstellt.

Das sollte jedoch kein Team daran hindern, Retrospektiven durchzuführen. Im Gegenteil. Insbesondere Teams, die sich nicht jeden Tag im Büro begegnen, müssen sich die Zeit umso dringender nehmen, um ihre Zusammenarbeit zu reflektieren. Zudem gibt es mittlerweile unzählige Tipps und Tricks, die dabei helfen, virtuelle Retrospektiven durchzuführen. Einige davon möchte ich heute vorstellen.

Die goldene Regel für jeden virtuellen Austausch: Kamera an!
Diese goldene Regel der virtuellen Zusammenarbeit gilt nicht nur für Retrospektiven, sondern für alle virtuellen Meetings. Aber gerade bei virtuellen Retrospektiven ist es wichtig, die Emotionalität des Sprechers wahrnehmen und darauf reagieren zu können. Also kurz und knapp: Schaltet die Kameras an!

Was sollen Tools für virtuelle Retrospektiven können?

In normalen Retros drückt der Moderator den Teilnehmern in der Regel einfach Klebezettel und Stift in die Hand. Er bittet sie – je nach Fragestellung – stichpunktartig Input zu geben. Diesen Vorgang sollte ein virtuelles Tool möglichst nachahmen können. Das Tool muss also für alle Teammitglieder die Möglichkeit bieten, in Echtzeit und parallel zueinander selbst Beiträge auf einer virtuellen Plattform einzutragen. Warum?

Es gibt kaum etwas, was einen Moderator mehr beeinträchtigt, als den Input der „Stimmen aus dem Off“ mittippen zu müssen. Das ist auch nicht das Ziel einer Retrospektive.

Ziel ist es, alle Teilnehmer einzubinden und alle zu Wort kommen zu lassen. Daher ist der Prozessschritt, bei dem zu Beginn der Retrospektive alle Teammitglieder individuell Themen sammeln, die ihnen wichtig sind und sie dann gleichzeitig auf eine Pinnwand kleben, essentiell. Er ermöglicht es, dass wirklich alle ihre Meinung sagen können. Und er ermöglicht, dass auch die leiseren Stimmen die Möglichkeit bekommen, ihre Ansichten einzubringen. Schreibt ein Moderator einfach nur mit, was die Runde zuruft, geht dieser Effekt leicht verloren.

Dasselbe gilt für die Möglichkeit des Votings, die ein Tool ermöglichen muss. Die Teammitglieder sollen abstimmen, welche Themen sie in der Retrospektive bearbeiten möchten. So wird verhindert, dass nur die Themen besprochen werden, die den lautesten Teilnehmern wichtig sind.

Wenn wir uns ein Tool für eine virtuelle Restrospektive wünschen können, wäre das also eine Plattform für „virtuelle Klebezettel“ mit Votingmöglichkeit.

Die Auswahl an geeigneten Tools ist groß

Die gute Nachricht: Die Zahl der Tools, die das können, wächst stetig. Hier gibt es lange etablierten Lösungen wie Microsoft Teams, Deon oder Confluence von Atlassian, mit denen sich virtuelle Whiteboards aufbauen lassen, um sie für eine Retrospektive zu nutzen. Außerdem gibt es mittlerweile einige Tools, die speziell für die Durchführung von virtuellen Retrospektiven bzw. die Entwicklung agiler Teams entwickelt wurden: Retrium, Funretro oder Echometer sind nur einige Beispiele.

Egal welche Lösung ihr nutzt: Achtet bei der Auswahl auf den Informations- und Datenschutz!

Ja, ich weiß. Das Thema ist nicht besonders spannend. Am Ende möchte aber niemand erklären müssen, warum sie/er dafür verantwortlich ist, dass sensible Daten auf den Servern von Drittanbietern in Ländern ohne Datenschutzbestimmungen gelandet sind. Viele Scrum Master oder Moderatoren sind in Firmen tätig, wo es strenge Richtlinien dafür gibt. Klärt also am besten vorher ab, welche Kriterien es hier für die Nutzung von Tools in euren Organisationen gibt und ob das Tool eurer Wahl diesen entspricht.

Überlasst die Moderation nicht dem Tool

Dieser Hinweis mag banal klingen. Manche Retro-Tools sind so gestrickt, dass sie von sich aus sehr zielgerichtet durch den Prozess einer Retrospektive führen. Sie lassen verschiedene Phasen für die Sammlung von Punkten, deren Diskussion, das Voting und die Ableitung von Maßnahmen nacheinander ablaufen. Das kann für die Moderation eine große Hilfe sein, birgt aber auch die Gefahr, dass sich der Moderator selbst zu sehr zurückzieht. Dadurch degradiert sich der Moderator selbst zu einer Art Ansager für die nächste Phase, die das Tool vorgesehen hat.

Dabei kommt es gerade in virtuellen Retrospektiven darauf an, als Moderator präsent zu sein, die Diskussion des Teams zu leiten, darauf zu achten, dass alle zu Wort kommen und für eine zielgerichtete Diskussion zu sorgen. Kurz: Das Team in den Austausch zu bringen.

Gestaltet eure virtuellen Retrospektiven abwechslungsreich

Nichts ist langweiliger für ein Team, als stets die gleichen drei Fragen zu beantworten: Was lief gut? Was lief schlecht? Was wollen wir verbessern?

Aus diesem Grund sollten sich Scrum Master oder Moderatoren auch für den virtuellen Raum kreative Reflexionsfragen einfallen lassen. Zahlreiche Beispiele gibt es auf einschlägigen Internetseiten wie dem Retromat. Hier seien beispielhaft Starfish, 4 L (Liked, Learned, Longed for, Lacked) und die Trias Good, Tricky, Different genannt.

Um die aktuelle Stimmungslage einzufangen, empfiehlt sich ein persönlicher Check-in. Beginne mit einer offenen Frage. Lade die Teilnehmer ein, ihre Eindrücke aus den letzten Wochen zu schildern oder sich gegenseitig für positive Dinge zu danken. Auch ein kurzes Stimmungsbarometer ist möglich. Außerdem sollten Scrum Master bzw. Facilitator am Ende Feedback einholen, um auch bei der Gestaltung der virtuellen Retrospektiven eine kontinuierliche Verbesserung einzuleiten.

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